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Biodiversität Boden

Humus in Ackerböden – vermehren statt verzehren

Humus fördert die Bodenqualität. Nimmt der Humusgehalt ab, verschlechtert sich meist auch die Bodenfruchtbarkeit. Deshalb ist eine Humus erhaltende oder sogar aufbauende Bewirtschaftung für Ackerböden zentral.

Als Humus wird die organische Bodensubstanz bezeichnet, die aus Wurzeln, Wurzelausscheidungen, auf dem Feld belassenen pflanzlichen Resten, zugeführten Hof- und Recyclingdüngern sowie abgestorbenen Bodenorganismen entstanden ist (Humifizierung). Alle diese humusbildenden Stoffe werden durch die Bodenorganismen ab- und umgebaut. Dabei gewinnen sie Energie und Nährstoffe für sich und gleichzeitig werden Nährstoffe (vor allem N, aber auch P und S) wieder pflanzenverfügbar gemacht (Mineralisierung).

Humus verbessert die Stabilität und Tragfähigkeit der Böden, deren Wasser- und Lufthaushalt sowie ihr Speichervermögen für Nährstoffe (aber auch für Schadstoffe). Je mehr Humus ein Boden enthält, desto leichter ist er durchwurzel- und bearbeitbar. Schliesslich trägt der im Humus gebundene Kohlenstoff (C) zur Regulierung der CO2-Menge in der Atmosphäre bei.

Verteilung des Humus im Bodenprofil und in der Landschaft

In mineralischen Ackerböden reichert sich der Humus im bearbeiteten Oberboden an (Bild 1). Deshalb ist die Bearbeitungsschicht dunkler gefärbt als der humusarme Unterboden. Hat ein 25 cm mächtiger Oberboden einen Humusgehalt von 3 %, so ergibt das pro Hektare rund 90 Tonnen Humus.

Humushaltige Bodenschichten einer ackerbaulich genutzten Braunerde (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)

In welligen Landschaften führten verschiedene Prozesse dazu, dass Humusgehalt und Mächtigkeit der humushaltigen Bodenschichten innerhalb von Parzellen erheblich variieren können: Einerseits durch Umlagerung von Bodenmaterial durch Erosion und Akkumulation und andererseits durch Humusanreicherung in früher vernässten (und heute drainierten) Mulden (Bild 2). Moorböden, die aus Torf entstanden sind, haben sehr hohe Humusgehalte. Die Mächtigkeit ihrer Humusschichten kann aber stark variieren. Nach einer Entwässerung sacken Moorböden, und mit dem Sauerstoffzutritt beginnt ein kontinuierlicher mikrobieller Abbau der organischen Substanz zu CO2: Die Humusschicht schwindet, der Humusgehalt nimmt ab, und der mineralische Bodenanteil nimmt zu – der Boden «vererdet» nach und nach.

Moränenlandschaft mit höherem Humusgehalt in feuchten Mulden (Vordergrund), erkennbar an der dunkleren Bodenfarbe (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)

Humus, C-Kreislauf und Klimaänderung

Pflanzen binden via Fotosynthese CO2 aus der Luft und lagern die gebildeten organischen Kohlenstoff-Verbindungen im Spross und in den Wurzeln ein (Bild 3). Nach dem Absterben der Pflanzen bauen die Bodenorganismen die organische Substanz nach und nach ab, so dass ein Teil des Kohlenstoffs wieder als CO2 in die Atmosphäre gelangt und der andere gebunden als Humus im Boden verbleibt. Während Pflanzenreste, die viel N enthalten, rasch abgebaut werden, verläuft der Abbau von verholzten Pflanzenteilen (mit wenig N) sehr langsam. Der Aufbau von Humus verhilft Böden zu einer grösseren Pufferfähigkeit gegenüber extremen Wetterereignissen, weil humusreichere Böden eine stabilere Struktur aufweisen und deshalb Starkniederschläge besser aufnehmen und bei Trockenheit die Kulturen länger mit Wasser versorgen können. Aktiver Humusaufbau erhöht so die Ertragssicherheit und vermindert das Erosionsrisiko. Zudem verringert der im Humus langfristig gespeicherte Kohlenstoff (C-Sequestrierung) die CO2-Konzentration in der Atmosphäre.

Kreislauf des Kohlenstoffs (C) bei landwirtschaftlicher Bodennutzung (vereinfacht, Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)

Wie wird der Humusgehalt bestimmt?

Der Humusgehalt kann an feuchten Bodenproben aufgrund der Färbung von Auge abgeschätzt werden: Mit zunehmendem Gehalt an Humus färbt sich der Boden dunkler.

Humusgehalt
(Gewichts-%)
Bezeichnung Gemäss
GRUD 2017
bis 2 %humusarm
2 bis 5 %schwach humos
5 bis 10 %humos
10 bis 30 %humusreich
über 30%Humusboden

Die Schätzung des Humusgehaltes von Auge ist im Vergleich zu einer Laboranalyse zu ungenau. Um Veränderungen des Humusgehaltes sicher nachweisen zu können, sind Laboranalysen zwingend. Diese erfordern eine exakte Probenahme. Der ÖLN verlangt im Abstand von höchstens 10 Jahren eine periodische Bestimmung des Humusgehaltes (zusammen mit pH, P und K).

Parzellen bestehen oft aus unterschiedlichen Böden. Deshalb ist für verlässliche Bodenanalysen wie folgt vorzugehen:

  1. Eine repräsentative Bodenmischprobe aus 20 bis 25 Einstichen aus konstant 0 bis 20 cm Tiefe ist aus dem grössten typischen Bereich der Parzelle zu entnehmen, wo die Bodenbeschaffenheit möglichst homogen ist (Randbereiche oder erkennbare «Sonderflächen» aussparen). Die Nachvollziehbarkeit der Beprobung ist wichtig und sollte vorteilhaft mittels Positionsbestimmung der einzelnen Einstiche (GPS) sichergestellt werden. Der ideale Zeitpunkt für die Probenahme ist nach der Ernte, jedoch nicht unmittelbar nach einer Düngung.
  2. Die sorgfältig und systematisch entnommene Bodenprobe muss rasch in einem zugelassenen Labor analysiert werden.

Standort und Bewirtschaftung prägen den Humusgehalt

Auf- und Abbau von Humus geschieht im Wechselspiel zwischen den naturgegebenen Standortfaktoren und der Bewirtschaftungsweise der Äcker. Die Standortfaktoren können nicht oder nur mit grossem Aufwand (z. B. durch Drainage) beeinflusst werden. Hingegen ist der Humusgehalt je nach den gewählten Bewirtschaftungsmassnahmen sowohl positiv (Humus mehrend) als auch negativ (Humus zehrend) beeinflussbar.

Naturgegebene Standortfaktoren

Bodenart

Weil die organische Substanz zwischen den Tonteilchen vor dem Abbau geschützt ist, haben tonige («schwere») Böden von Natur aus einen höheren Humusgehalt als sandige Böden. Leichte und mittelschwere Böden (bis 30 % Ton) werden strukturstabiler, wenn ihr Humusgehalt steigt.

Bodenwasserhaushalt

Weil bei Wassersättigung Luftmangel im Boden herrscht, wird der Humusabbau gebremst. Deshalb haben Böden, deren Poren oft wassergesättigt sind, höhere Humusgehalte als rasch abtrocknende Böden. Ebenso stoppt Trockenheit die Aktivität der Humus abbauenden Bodenorganismen, was an Standorten in inneralpinen Trockentälern zu einer Humus-anreicherung führt.

Bewirtschaftungsbedingte Faktoren

Bodenbearbeitung

Jede ganzflächige und intensive Bodenbearbeitung ist mit einem Humusverlust verbunden, weil die organische Substanz für die Bodenorganismen durchs Vermischen leichter zugänglich gemacht und gleichzeitig der Luftaustausch im gelockerten Boden verbessert wird. Wird dauernd auf jegliche Bearbeitung verzichtet (permanente Direktsaat) oder stets flache Mulchsaat betrieben, erhöht sich der Humusgehalt in der obersten Bodenschicht.

Fruchtfolge

Alle Pflanzen scheiden über die Wurzeln organische Stoffe in den Boden aus. Zusammen mit den pflanzlichen Resten von Wurzeln und Spross sind sie Humusbildner. Je mehr ober- und unterirdisches Pflanzenmaterial produziert wird und auf dem Feld verbleibt, desto mehr Humus kann gebildet werden. Deshalb sollten Äcker möglichst immer bewachsen sein (keine langen Bracheperioden, frühe Saat, winterharte Gründüngungen und Zwischenfrüchte). Die Bodenbedeckung und -durchwurzelung schützt zudem vor Verschlämmung und Erosion und fördert mit der Aktivierung der Bodenorganismen auch die Strukturbildung.

Humusbildungspotenzial Kultur 
hochKunstwiese (pro Hauptnutzungsjahr)
Körnermais, Raps, Sonnenblumen
Getreide mit Strohdüngung
mittelGetreide ohne Strohdüngung
Silomais, Zwischenkultur (Frühsaat)
Bunt-/Rotationsbrache (pro Standjahr)
geringZwischenkultur (Spätsaat)

Bewirtschaftungsbedingte Faktoren

Düngung

Organische Dünger wirken sich direkt und positiv auf den Humushaushalt aus. Mineralische Düngung wirkt indirekt durch besseres Pflanzenwachstum und dadurch grösseren Anfall an humusbildender organischer Substanz. Wird nur mineralisch gedüngt, erhöht sich das Risiko für Futtermangel im Boden, so dass die Bodenorganismen vermehrt den Humus als Notvorrat verbrauchen.

Damit die Bodenorganismen organische Substanzen optimal verwerten können, sollte in kalkfreien Oberböden der pH-Wert (H2O) zwischen 6 und 7 gehalten werden. Dies geschieht am besten durch den Einsatz von kalkhaltigen Düngern oder Kalkdüngern.

Humusbildungspotenzial Organischer Dünger 
hochMistkompost, Grüngutkompost, festes Gärgut
mittelMist
geringGülle, Presswasser, Gärsaft

Faustregel: je höher der Trockensubstanzgehalt, desto mehr Humus kann gebildet werden

Humus bilanzieren

Es wird empfohlen, die Analyse des Humusgehaltes mit einer Humusbilanzierung zu ergänzen. Dabei wird der Humusabbau (Verlust) aufgrund der Bodenart und der Bearbeitungsintensität abgeschätzt und gleichzeitig der Humusaufbau (Gewinn) anhand der Einträge von organischem Material ermittelt. Für jede Parzelle können so Humusgewinne und Humusverluste über die gesamte Fruchtfolge bilanziert werden.

Beispiel einer berechneten Humusbilanz

Humusbilanz-Rechner
Der gratis zur Verfügung stehende Humusbilanz-Rechner (www.humusbilanz.ch) benötigt als Inputgrössen den Ton- und Humusgehalt, den pH-Wert (H2O) sowie die Fläche der Parzelle; daneben die angebauten Haupt- und Zwischenkulturen (inkl. Verwendung der Ernterückstände) sowie die Menge der ausgebrachten Hof- und Recyclingdünger. Dank der grafischen Darstellungsmöglichkeiten können die Ergebnisse der Bilanzierung anschaulich gezeigt werden, was deren Beurteilung und die Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten erleichtert.

Humusbewirtschaftung im Griff

Die Humusbilanz soll helfen, Probleme in der Humuswirtschaft zu erkennen und die Wirksamkeit möglicher Gegenmassnahmen zu testen. Vor allem bei grösseren Bewirtschaftungsänderungen – z. B. mehr Hackfrüchte/Gemüse in der Fruchtfolge oder Umstellung auf viehlosen Ackerbau – empfiehlt es sich, deren Auswirkungen auf die Humusbilanz vorgängig abzuklären.

Liegt der Humusgehalt im optimalen Bereich 2 und ist die Humusbilanz ausgeglichen, sind keine Bewirtschaftungsänderungen nötig. Ist der Humusgehalt jedoch unterhalb des Optimalbereichs oder die Bilanz deutlich negativ, muss die Zufuhr an organischer Substanz rasch und andauernd erhöht werden, bei gleichzeitiger Minimierung der Humusverluste. Bis der Humusgehalt wieder im Optimalbereich liegt, braucht es aber eine mehrjährige Aufbauphase.

Allerdings kann eine hohe Zufuhr an organischer Substanz zur Freisetzung von grossen Nährstoffmengen (vor allem N) führen – allenfalls mehr, als die Pflanzen aufnehmen können. Dadurch steigt das Risiko von N-Verlusten ins Grundwasser (Auswaschung) oder in die Luft (Denitrifikation). Deshalb müssen bei einer stark positiven Humusbilanz (z. B. als Folge des Einsatzes grosser Mengen organischer Dünger) Massnahmen zur Verringerung von Nährstoffverlusten getroffen werden (z. B. reduzierte Bodenbearbeitung, möglichst ständiger Pflanzenbewuchs).

Impressum

Autoren

  • Urs Zihlmann,
  • Peter Weisskopf, Agroscope
  • André Chervet, LANAT Kt. Bern
  • Bruno Seitz, bodenproben.ch

Fachliche Mitarbeit

  • Sandy Masson, AGRIDEA
  • Mareike Jäger, AGRIDEA
  • Bettina Koster, AGRIDEA